Motivation

Unsere persönlichen Daten sind unser wertvollstes Gut. Dennoch geben wir sie freiwillig und ohne viel nachzudenken an Unternehmen im Internet ab, die damit Geld machen. Doch auch unfreiwillig und ohne unseres Wissen werden private Daten über jeden von uns gesammelt. Sei es von Firmen, vom Staat, von Geheimdiensten. «Der vermessene Mensch», das sind wir alle. Über jeden, der das Internet nutzt, eine Kreditkarte hat, ein Smartphone besitzt, sich an öffentlichen Orten aufhält, oder Freunde oder Bekannte hat, auf die eines dieser Dinge zutrifft, sind unzählige Daten vorhanden. Diese Daten, wenn miteinander kombiniert, können sehr mächtig werden. Persönlichkeitsprofile werden erstellt, Menschen werden kategorisiert, über sie werden Prognosen erstellt, und das wird danach ausgewertet. Wie damit umgehen? Viele rechtliche, gesellschaftliche, wirtschaftliche und ethische Fragen sind dazu noch ungeklärt.
Obwohl wir soviel darüber wissen, scheint es doch den meisten von uns egal zu sein. Es ist praktischer, Google zu benutzen als eine Suchmaschine zu installieren, die keine Daten sammelt. Viele sind es sich gewohnt, dass man für Dienste im Internet nicht mehr mit Geld bezahlen muss. Viele sagen sich auch, «ich habe eh nichts zu verbergen». Dass Datenschutz, bzw. dessen Nicht-Vorhandensein jeden von uns betrifft, dafür möchte ich mit dieser Arbeit einstehen. Ich stellte mir also die Frage: Wie kann ich das Thema Datenschutz auf eine emotionale und persönliche Weise vermitteln?

Theoretische Bachelorthesis

In der theoretischen Bachelorarbeit untersuchte ich die Besonderheiten und Eigenschaften von immersiven Videoinstallationen um daraus Schlüsse für die eigene Arbeit zu ziehen. Dazu stellte ich folgende Fragestellung auf:
Auf welche Weise werden welche Arten von Inhalten mittels immersiven Videoinstallationen dargestellt und vermittelt?

Mich interessierten dabei Themen wie;

Dazu untersuchte ich Fachliteratur und beschrieb anhand dieser Fallbeispieleaus Projekten der Medienkunst. Einige der aus der Schlüsse und Erkenntnisse die ich aus der Theroetischen Bachelrthesis zog, konnte ich in meiner Praktischen Arbeit anwenden.

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Videos der Arbeiten, welche in der Theoretischen Bachelorthesis beschrieben werden

«Talo – The House» von Eia-Liisa Attila, 2002

«They Watch» von Workspace Unlimited, 2006 – 2009

«The Greeting» von Bill Viola, 1995

«New Ocean» von Doug Aitken, 2001
Bild von seiner Webseite

«The Price of Freedom» im Museum «Arromanches 360 Circular Cinema»

«Electric Earth» von Doug Aitken, 1999

«Cooperative aesthetics»-Sketche von Gerhard Funk und seinen Studenten an der Kunstuniversität Linz

«Type / Dynamics» von LUST und Jurriaan Schrofer, 2013 - 2014

POETIC_AI_Exhibition_Paris_Teaser von Ouchhh, 2018

POETIC_AI von Ouchhh, 2018

POETIC_AI von Ouchhh, 2018

SRF Tagesschau Beitrag über Au-delà des limites vom TeamLab, 2018

Au-delà des limites vom TeamLab, Hauptsaal 2018

Au-delà des limites vom TeamLab, Saal «The Way of the Sea» 2018

Landscape One von Luc Courchesne, 1997

Ragnar Kjartansson - The Visitors - John Curtin Gallery 2015

The Visitors von,Ragnar Kjartansson 2012
Komplettes Video, Zusammenschnitt der einzelnen Kanäle

Praxisarbeit: erste Schritte im Workshop Immersive Lab

In der ersten Woche der praktischen Arbeit besuchte ich den Workshop «Immersive Lab» des Institus für Computermusik der ZHDK. Das Immersive Lab ist ein panoramischer Aufbau von vier Leinwänden welche mittels vier Beamern bespielt werden und mit 16 Lautsprechern ausgestattet ist. Von aussen werden die Leinwänden mit Infrarotlicht bestrahlt, wodurch mittels einer Software Berührungspunkte gemessen werden können. Somit kann die Installation mittels Berührungen mit den Händen interaktiv und von mehreren Personen gleichzeitig bedient und verändert werden. Die Technik und die Software wurden vom Workshop bereitsgestellt, sodass ich während fünf Tagen Zeit hatte, alles kennenzulernen und eigene kleine Ideen umzusetzen.

In dieser Skizze entstehen durch Berührungen Kreise in unterschiedlichen Rottönen, welche mit der Zeit grösser werden bis sie die ganze Installation eingenommen haben. Dann verschwinden sie langsam wieder durch ausbleichen. Hier interessierte mich, was passiert wenn unterschiedlich viele Leute gleichzeitig in der Installation sind und so immer neue Anordnungen im Raum entstehen. Zudem interessierte mich, wie es sich anfühlt, wenn der ganze Raum rot wird und die Kreise auf einen zukommen und umhüllen.

In dieser Skizze entstehen durch Berührungen viele kleine Kreise welche wie Wasserströme von der Hand wegzuschwimmen scheinen. Die Wasserströme begwegen sich nach rechts um die ganze Installation herum bis sie sich irgendwann auflösen. Bei einer Berührung erklingt auch das Geräusch eines plätschernden Wasserfalls, was die Bildebene metaphorisch unterstützt. Wird die Hand weggezogen, fadet der Ton wieder aus und es entsehen keine neuen Kreise mehr. Auch hier interessierte mich die unterschiedlich vollen oder leeren Räume, je nachdem wieviele Interaktionen geschiehen. Zudem wollte ich die Wirkung testen, wenn leicht verschwommene Kreise sich schnell um die Personen herum bewegen. Dies funktionierte sehr gut, denn viele Leute mussten den Raum verlassen weil ihnen schwindlig wurde. Mit kleinen Mitteln konnte ich so ein starkes (räumliches) Gefühl erschaffen.

In dieser letzten Skizze wollte ich inhaltlich einen Bogen zu meinem Thema Datenschutz und Kontrollverlust schlagen. Die Idee ist, dass die Personen welche die Installation betreten fotografiert werden ohne dass sie es merken. Wenn sie hereinkommen sehen sie sich selber, andere Personen, sowie persöhnliche Daten frei im Raum erumschweben. Nun kann man die Daten und Fotos mit Berührungen «festhalten». Berührt man ein Objekt, bleibt es stehen. Doch nach zwei Sekunden bewegte es sich wieder frei fort. So ist es nie möglich, alle Daten festzuhalten und zu kontrollieren. In der kurzen Zeit war es mir jedoch nicht möglich, die Idee mit dem automatisch fotografiert werden und den persönlichen Daten umzusetzen. Deshalb habe ich die Inhalte vorbereitet und somit die Idee simuliert.
Die Workhopteilnehmer reagierten amüsiert als sie sich selber sahen. Gleichzeitig fragten sie, woher ich die Daten wie Ort und Herzfrequenz nahm. Sie waren also interessiert daran, wie und wieso die Daten in die Installation kamen. Jedoch verstanden sie die Interaktion nicht. Dies liegt bestimmt daran, dass die Bilder nach kurzer Zeit wieder wegfliegen und man somit, wenn man sich schnell wegdreht nicht bewusst wird, dass sie auf die Berührung reagiert hatten. Viele fragten, was der Sinn sein, ob es ein Spiel sei und man alles fangen müsse um zum Ziel zu gelangen. Auch meine Idee des Kontrollverlusts war ihnen nicht wirklich klar.

Ideenfindung und Recherche Gestaltung & Inhalt

Das Thema Datenschutz interessiert mich schon seit längerem. Deshalb habe ich mich schon früh vor dem Beginn der praktischen Arbeit in das Thema eingelesen, Artikel recherchiert, auf Webseiten von Organisationen die sich für Datenschutz einsetzen informiert, und Bücher gelesen. Mit diesem Vorwissen ging ich an die inhaltliche und gestalterische Ideenfindung.
Zu Beginn sammelte ich alle Begriffe die mir zum Thema einfielen und gruppierte sie.

Anschliessend wählte ich sieben Schlüsselbegriffe aus, welche ich interessant finde. Dazu sammelte ich Bilder und skizzierte abtrakte BIlder soeiw Umsetzung von Bewegungen im Video innerhalb des Raumes.

Recherche Raum und Projektionstechnik

Verschiedene Skizzen von Raumaufteilungen und Interkationsmöglichkeiten sollen das Spektrum erweitern und helfen, die Themen mit Immersion und Interaktion zu verknüpfen

Mit der HKB konnte ich abklären, dass ich für die Installation die Blackbox benutzen darf. Diese ist sehr geeignet, da sie dunkel ist, sehr gross und ein Gerüst hat, dass man von der Decke herunterlassen kann und verschiedene Dinge befestigen kann. Dort testete ich verschiedene Weitwinkel-Beamer. Zudem testete ich eine Rückprojektionsfolie, welche bereits vorhanden war. Diese funktionierte zwar sehr gut, doch sie hatte eine leicht künstliche Ästethik und mann muss sie auf einen grossen Rahmen aufspannen, wodurch dort kein Licht hindruch kommt. Zudem testete ich die Software MadMapper, mit welcher man einfach und intuitiv mehrere Beamer miteinander synchronisieren kann und Filme und Processing-Sketche projezieren kann.

Bei einer auf Event- und Theatertextilien spezialisierten Firma bestellte ich verschiedene Muster von Projektionsfolien. Diese testete ich auf Oberflächentextur & Materialität, Rückprojektions-Möglichkeit, Farbedurchlässigkeit und Preis. Ich entschied mich für eine Folie aus PVC, welche sehr gute Resutate in der Farbigkeit zeigte, deren Materialität eher zurückhaltend war und welche eine der preiswerteren war.

Erste Konzepte

Aufrgund der Recherche und meinen Ideenskizzen arbeitete ich vier unterschiedliche Konzepte aus.

Konzept 1:

Bei diesem Konzept war ging es um die Tatsache, dass das Internet nichts vergisst. Hat man einmal etwas hochgeladen, ist es für immer da und kann nicht mehr gelöscht werden. Da copy/paste so einfach und schnell geht, können Bilder und andere Informationen/Inhalte innert Sekunden von tausenden Menschen runter- und wieder hochgeladen werden. Somit hat man fast keine Chance, etwas was man nicht mehr öffentlich sehen möchte, zu entfernen.
In diesem Konzept wird ein Foto von den Besuchern verfremdet, ins Lächerliche gezogen. Tritt man an das Bild heran, weil man damit interagieren möchte, zerspringt es in viele Einzelteile und formiert sich an einem neuen Ort wieder zusammen. Aus dem einen Bild wurden plötzlich zwei. Jedesmal wenn man an das Bild heranttritt, wiederholt sich das ganze. Somit macht man das, was man löschen möchte nur noch schlimmer.

Konzept 2:

Hier interessierte mich die Idee des Kontrollverlustes. Wir können nicht mehr kontrollieren, welche Daten über uns im Internet herumschwirren und wer alles Zugriff darauf hat.
Aus dem Füssen oder Händen der Besucher fliessen Daten in abstrahierter Form in die Installation. Dies geschieht automatisch, der Besucher kann es nicht abstellen oder verhindern. Diese Datenströme verbinden sich zu einem unkontrollierbaren Schwarm, welcher sich immer wilder im Raum bewegt. Dieser Schwarm wird dann von einem Auge aufgesogen. Zu diesem Zeitpunkt ploppen überall Augen auf und beobachten die Besucher. Nachdem die Augen zu einem Angriff übergingen, indem sie immer grösser werden, strömen diese Daten oder Pfeile von oben wieder zu den Besuchern hin. Die Besucher werden miteinander vernetzt, das System beginnt Verbindungen in ihnen zu sehen, sie miteinander zu kombinieren. Auch diese bewegen sich mit der Zeit immer instabiler, bis sie zerpringen. Ab da beginnt es wieder von vorne.

Konzept 3:

Ich wollte unsere heutige Zeit in einen geschichtlichen und globalen Konzext setzen um dem Besucher zu zeigen, dass ein politischer Systemwechsel reicht, dass Datenschutz plötzlich viel wichtiger für uns wird. Zu Beginn muss man, in einem futuristischen Zukunftszenario, mit einem Foto statt mit Geld Eintritt bezahlen, denn Geld wurde durch Daten abgelöst, wie auch in allen Gratis-Diensten im Internet. In der Installation drin werden Sätze aus Fichen gezeigt, die dessen teilweise absurden, paranoiden Spitzeleien durch den Schweizer Staat der 80er Jahre aufzeigen. Danach fliegt man durch eine Menschenmasse, welche wie in China durch Gesichtserkennung überall und immer identifizierbar ist. Daraufhin regnet es die Fotos, mit welchen die Besucher zu Beginn bezahlt haben. In jedem Foto verstecken sich Metadaten, wie Standort, Uhrzeit, Gerätetyp und anderes. Diese Metadaten werden mittels Code aus den Fotos herausgelesen und dann neben dem Foto angezeigt. Entweder neutral, oder wertend wie wenn man die Person anhand dieser Informationen kategorisieren würde. z.B. Sven ist ein Snob, er besitzt das neuste iPhone. Oder: Lisa ist ein Nerd, sie ist die ganze Zeit auf 9Gag.
Diese Bilder und Informationen werden dann von einem Auge, welches die NSA symbolisiert aufgesogen. Das Auge wird grösser, blinzelt und alles beginnt wieder von vorne.

Konzept 4:

In dieser Idee ging es darum, zu zeigen dass Dinge, die heute harmlos sind, in Zukunft gegen dich verwendet werden können. Zudem generieren wir unaufhörlich Daten, auch ohne dass wir es wollen. Zu beginn loggt man sich mit Social Media ein. Befindet man sich in der Installation, werden Informationen aus dem Social Media Profil unter der Person angezeigt. Diese Informationen fliessen direkt aus den Füssen der Person und kreisen stetig um sie herum. Der Betrachter kann sich nicht dagegen wehren, kann es nicht stoppen. Willkürlich werden Informationen ausgewählt, welche einen Alarm auslösen, sowohl im Sound als auch im Bild. Alle Augen die vorher ziemlich neutral umher schauten, bewegen sich schlagartig zur Person hin, werden grösser und verfolgen die Person. Dies geschieht solange, bis eine gewisse Zeit abgelaufen ist oder von jemand anderen ein Alarm ausgelöst wird.

Im Gespräch mit den Mentoren entschied ich mich, das Beste aus meinen zwei favorisierten Konzepten, Konzept 1 und 2 herauszunehmen und miteinander zu verbinden. Das Gesicht der Besucher soll wie im Referenzbild in kleine Einzelteile zersplittert sein, wodurch sich seltsame, teils unheimliche Klone der Besucher bilden. Dies soll mit den Schwarm-Bewegungen und den beobachtenden Augen aus Konzept 2 kombiniert werden. Die Visualität der Augen und des Schwarms soll auf jeden Fall fotorealisitsch sein, denn dies wirkt viel emotionaler und echter als wenn sie grafisch oder zeichnerisch umgesetzt wären. Das gute an diesen beiden Konzepten, bzw. dem neuen Konzept ist, dass sie in Einzelteile zerlegbar sind. Die Bilder der Besucher funktionieren als einzelnes, aber auch der Schwarm, die Augen und die Infografischen Elemente. Das war sehr wichtig, denn beim programmieren weiss man nie genau, was wie lange braucht. Zeit einzuschätzen war sehr schwer und so konnte ich die Arbeit in Einzelteile runterbrechen, welche ich separat voneinander gestalten und dann aneinanderreihen kann. Wenn die Zeit nicht für alle Einzelteile reichen würde, würde die Arbeit trotzdem funktionieren.
Mir war es wichtig, mich schon sehr früh auf ein Konzept und eine Visualität festzulegen, denn ich wusste dass die Umsetzung sehr viel Zeit in Ansprich nehmen wird. Beim programmieren musste ich einiges neues lernen und konnte deshalb die Zeit nicht gut abschätzen. Auch as Animieren, Filmen und der Sound brauchen sehr viel Zeit und Planung. Diese Entscheidung erwies sich im Nachhinein als richtig.

Versuche

Augen

Foto verfremden/in Einzelteile zerlegen

Gesicht fragmentieren 1

rechteckige Pixel aus Maus

rechteckige Pixel aus Maus

runde Pixel aus Maus

Explosion in Pixel

Pixel painitng: Bild setzt sich zusammen

Gesicht in bewegbaren Pixeln

Bild in Pixeln rendern, Pixel nach Farbe sortieren

Partikel-Systeme

Damit ich Datenströme und -Schwärme gestaöten und animieren konnte, musste ich eine grosse Anzahl von Einzelteilen generieren und steuern können. Dazu brauchte ich Partikel-Systeme, welche eine grosse Anzahl von beispielweise 500 Partikeln zusammen gruppieren. Jedes Partikel hat eigene Vorgaben und Ziele, und als Partikel-System bekommen sie dem übergeordnete Ziele.

Alle Particles entstehen am rechten Bildrand und bewegen sich zur Maus hin

Alle Partciles entstehen irgendwo im Raum und bewegen sich in die Mitte.

Particles werden in einem Particle-System organisiert. Das Particle-System befindet sich bei der Maus. Die Particles werden konstant generiert, fallen zum unteren Bildrand und verschwinden nach einer definierten Zeit.

Anziehungskräfte

Die Anziehung geschieht durch Vektoren, welche den momentanen Aufenthaltsort der Partikel kennen und deren Ziel und Geschwindigkeit festlegen. Dadurch verhalten sie sich wie Anziehungskräfte an Ziele, die ich vorgeben und die jederzeit verändern kann.

Particles werden in einem Particle-System organisiert. Das Particle-System befindet sich bei der Maus. Die Partciles werden konstant generiert und gehen in richtung des weissen Punktes und kreisen um ihn herum und verschwinden nach einer definierten Zeit.

Particles werden einmal generiert. Danach bewegen sie sich in Richtung Maus und kreisen um sie herum.

Dasselbe, nur kreisen sie hier in einem kleineren Radius um die Maus herum, was eine ganz andere Dynamik ergibt.

Umgesetzt mit den Bild-fragmenten. Hier gibt es noch einen kleinen Fehlerm denn die beiden Bilder machen örtlich versetzt dasselbe, obwohl sie sich am selben Ort hinbewegen sollten.

Mit einem grösseren Radium um die Maus und die Bild-Fragmente werden je nach Position unterschiedlich eingefärbt.

Interaktion mit der Kinect

Anders als im immersive Lab Workshop, wollte ich die Interaktion so gestalten, dass sie von alleine passiert. Im immersive Lab müssen die Besucher die Wand berühren, damit etwas passiert. Doch dies funktioniert nur, wenn es ihnen vorher gesagt wird, ansonsten trauen sich die meisten Besucher nicht, eine Installation zu anzufassen. Deshalb brauchte ich etwas, womit ich die Position der Besucher im Raum tracken konnte. Ich schrieb also einen Code, welcher die Kinect nutzt um die Distanz der Besucher zur Wand zu messen. Ist jemand nahe genug an der Wand, erscheinen an seiner Position Partikel, welche sich danach im Raum verteilen. Die Kinect kann man unter der Wand oder an der Decke befestigen, sodass die Besucher sie nicht sehen können.

Die Kinect misst den Abstand

Die Kinect schaut, wo die Mitte ist von all dem, was nahe genug und lässt dort Particles entstehen.

Ist jemand nahe genug an der Wand, erscheinen auf seiner horizontalen Position kleine Particles, die langsam sich im Raum verteilen. Dies wirkt, als kämen sie aus den Füssen des Besuchers.

Foto machen

Ich wollte, dass ein Foto gemacht wird, ohne dass der Besucher dies mitbekommt. Einfach eine Überwachungskamera installieren, die sobald sie ein Gesicht erkennt ein Foto macht, wäre zwar technisch möglich, hat aber einige Nachteile. Einerseits wollte ich dass alle Personen direkt in die Kamera schauten. Zudem kann die Kamera nur erkennen, ob ein Gesicht da ist oder nicht, nicht aber ob es sich um ein anderes oder das gleiche Gesicht wie vorhin handelt. Deshalb würde sie dasselbe Gesicht merhmals fotografieren.
Also programmierte ich eine einfache App, die so tat als würde sie eine Gesichtserkennung durchführen, in Wahrheit jedoch ein Foto machte. Somit würden die Personen gerade hineinschauen und ich hätte genau die Ästehtik die ich wollte. Obwohl man es zu dem Zeitpunkt nicht merken würde, würde man jedoch sobald man ind er Installation ist, sofort merken, dass dass Foto von dieser App stammt. Dies würde den Überraschungseffekt zerstören.
Die Lösung war eine Webseite zu programmieren, welche zwar die Webcam nutzt, nicht aber erkennen kann ob ein Gesicht da ist oder nicht. Auf der Webseite stehen die Nutzungsbedingungen der Installation. Klickt man auf akzeptieren, wird ohne dass man es merkt mit der Webcam ein Foto geschossen und dieses in die Installation hochgeladen. Somit hatte ich beide Probleme der vorherigen Ideen gelöst. Zudem habe ich ein weiteres Problem damit gelöst: In der Schweiz braucht man die Einwilligung des abgebildeten Menschen um das Foto veröffentlichen zu können. Diese holte ich in den Nutzungsbedingungen ein, denn dort steht u.a. drin dass ein Foto gemacht wird und das dessen alleinige Urheber- und Nutzungsrechte an mich übergehen. Das Foto wird nur gemacht, wenn man auf akzeptieren klickt.

Mockup bisheriges Konzept

Konzept verbessern & konkretisieren

Reduktion auf das Wesentliche

Im Gespräch mit den Mentoren wurde klar, dass ich mein Konzept noch reduzieren musste, damit die starke Idee der zerstückelten und deformierten Gesichter besser wirken konnte und nicht von anderem untergräbt wurde. Die Augen und die Dramaturgie fielen weg. Dafür wurden die Bilder der Besucher und die Einzelteile wichtiger.

Sätze

Ich brauchte eine Textebene, die das Visuelle mit Inhalten und Informationen untersützte. Ich suchte Zitate und Fakten heraus, die ich frei kombinierte und zuorndete, suchte nach Texten von Anderen, die ich 1 zu 1 übernehmen konnte, eetzte Zitate zu längeren Texten zusammen und schrieb einen eigenen kurzen Text. Doch all dies passte entweder nicht zum Bild oder war mir zu moralisch.

Die Lösung war, Behauptungen über die Besucher aufzustellen, basierend auf den Fakten und Geschichten die ich gesammelt hatte. Viele dieser Behauptungen habe ich so geschrieben, dass sie auf viele Leute zutrefffen können. Wenn eine Behauptung nicht zutrifft, ikönnte dies sein, weil aufgrund falscher Datensätze eine Person in eine falsche Kategorie eingestuft wurde. Das kann passieren und man kann sich nicht dagegen wehren. Zudem ist es unangenehm, so etwas über sich zu hören, während noch andere Personen im gleichen Raum sind. Zu dem Zeitpunkt in welchem ein Bild genug erkennbar ist erklingt ein solcher Satz. Die Sätze nahm ich mit unterschiedlichen Personen auf, sodass verschiedene Stimmen erklingen.

Sound

Mir war klar, dass ich den Sound nicht selbst machen wollte, denn ich hatte zuwenig Erfahrung in diesem Gebiet. Sound ist für Installationen extrem wichtig, denn er kann die Stimmung und die vermittelten Gefühle sehr stark untersützen oder ins Gegenteil kehren. Deshalb wollte ich diesen wichtigen Teil von jemandem machen lassen, der dieses Gebiet beherrscht. Ich kontaktierte Casanora, welche Sound Design an der HKB studierte und jetzt den Master CAP macht. Ich wählte sie aus, da mir ihr Stil sehr gefiel und ich fand, ihr Sound passe sehr gut zu dem, was ich mir vorstellte. Ich gab ihr nur wenige Vorgaben, wie z.B. es soll unangenehmen und ein wenig unheimlich klingen, und dass es um Daten im Internet ging. Sie erstellte daraufhin einige Soundfiles, welche als Loops aufgebaut sind und als Abfolge oder einzeln eingesetzt werden können.

Partikel: natürlich wirkendes Verhalten

Noch wirkten die Bewegungen der Bildteile ziemlich statisch und computerlastig. Sie sollte sich jedoch möglichst natürlich verhalten. Ich tesete also zwei Arten aus, die die Bewegunen natürlicher wirken liessen:
Durch ein Feld aus Vektoren, die sich unsichtbar auf der ganzen Fläche der Projektion befinden, werden die Partikel wie Wasserströme geleitet. Diese Vektoren können langsam oder schnell beschleunigen, und sie können die Richtung verändern, sodass die Fliessrichtung und das Verhalten sehr unterschiedlich wirken.
Mittels Steering-Verhalten, einem Konzept von Craig W. Reynolds, einem Experten der Computergrafik, konnte ich die einzelnen Partikel so erscheinen lassen, dass sie in ihren Beweungen wie Ameisen oder kleine Menschen wirkten, welche sich frei und natürlich verhielten. Den Partikeln wird ein Objekt wie z.b. eine Ellipse vorgesetzt, welcher es folgt. In diesem Objekt gibt es einen Vektor, der die Richtung vorgibt. Dieser kann sich ständig ändern. Dies nennt sich «wander». Es gibt noch viele weitere Möglichkeiten, wie «seek» oder «avoid», welche man ergänzen und kombinieren kann. Das Steering-Verhalten passte sehr gut zu dem, was ich erreichen wollte, nämlich Schwarmverhalten von den Einzelbildern.

Vector Field langsam

Vector Field schnell

Vector Field schnell

Steering: Wander

Steering: Wander und Seek

Farben

Farben wirken sehr emotional, deshalb wollte ich Farben ausprobieren. Farbe auf den kleinen Partikeln ging gut, doch sobald sich Bilder formieren, wirkte die Farbe seltsam. Eingefärbte Gesichter wirkten kränklich, zornig oder wie Marsmenschen. Auch Hintergrundfarbe war nicht möglich, denn dadurch müsste entweder das ganze Bild auf weissem Hintergrund eingefärbt oder das Gesicht freigestellt werden. Dies war aber unsauber und wirkte nicht gut. Deshalb entschied ich mich, die Fotos auf schwarzem Hintergrund zu machen und nichts einzufärben. Dadurch wirkte es, als wären die Bilder freigestellt und nichts störte im Hintergrund.

Typografie

Ich testete Typografie, mit welcher ich die gesprochenene Inhalte noch visuell ergänzen konnte. Dies wirkte jedoch seltsam, denn ich müsste die Schrift auch animieren, damit es neben den sich natürlich bewegenden Partikeln nicht zu statisch wirkte. Zudem fand ich die Schrift eher störend, denn es wirkte nicht sehr logisch, dass sich da kleine, zum Leben erweckte Partikel am gleichen Ort bewegten wo auch Schrift platziert war. Lieber liess ich offen, was dieser Raum war, ob eine zweidimensionale Fläche, das Weltall, der Boden, die Luft um uns herum oder etwas anderes.

mit serifenloser Typografie

mit Serif-Typografie

Produktion Folie & Raumgestaltung

Da die Blackbox, in welcher ich ausstellte, oft benutzt wird, musste ich eine Konstruktion finden, die mir ein schnelle Auf- und Abbau der Installation ermöglichten. Deshalb nähte ich in die 13.2 Meter Folie oben und unten Laschen, in die man wie in einem Zelt Holzbalken und Metallstangen hineinstecken konnte. Die Holzbalken befestigt man mit Haken am Gerüst welche an der Decke befestigt ist. Die Folie musste in einem langen Sütck bleiben, sodass in den Ecken keine Löcher entstehen. Durch diese Konstruktion kann ich die Installation innerhalb von einer halben Stunde auf- und abbauen und die Folie danach aufgerollt verstauen.

Der Raum besteht aus drei Seiten, denn so konnte ich drei Beamer mittels dem Matrox TripleHead am Computer anschliessen. Meine ursprüngliche Idee von 4 Beamern wäre sehr viel umständlicher gewesen, da man vier Beamer nicht so gut am Computer anschliessen kann. Zudem kann durch eine Trapezförmige Anordnung der drei Wänden fast die gleiche Wirkung erzielt werden wie mit vier Wänden. Der Boden bespielte ich nicht mehr, denn einerseits passte es nicht mehr zum Konzept und anderseits bräuchte man einen viel höheren Raum, damit nicht überall Schatten entstehen.

Resultat

Fazit

Interaktive und generative Arbeiten finde ich extrem spannend. Es ist zukunftsfähiges ein Gebiet, dass uns Grafikern unsere Ausdrucks- Kommunikationsmittel- und Gestaltungsmöglichkeiten stark erweitert. Ich konnte meine Fähigkeiten und Kenntnisse in verschiedenen inhaltlichen, gestalterischen und technischen Bereichen der Interaktion, Videoinstallation, Projektionstechnik, alternativen Erzählformen, generativen und regelbasierten Gestaltung und vielen Weiteren sehr stark verbessern und erweitern. Dies gefiel mir sehr und ich konnte neue Ausdrucksweisen kennenlernen, die meines Erachtens im Studium teilweise zu kurz kamen. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei meinen Mentoren, Michael Flückiger und François Chalet, bedanken, welche mich in dieser Arbeit mit Inspiration, Tipps, Kritik, Coding-Hilfe und Motivation unterstützten.

Ich denke, es ist mir gelungen, auf emotionale und persönliche Weise auf das Thema Datenschutz aufmerksam zu machen und Information weiterzugeben. Ich fand eine visuelle Form, welche über die übliche Ästhetik von Big Data (Linien und Vektorgrafiken, miteinader vernetzte Kreise, Bilder oder Texte, Welt-All Stimmung, blau- und grüntöne, abtsrakte Formen und Inhalte) hinweggeht und durch den Fokus auf den Menschen das sonst abstrakt behandelte Thema persönlich gestaltet.

Vieles zum Thema Datenschutz wusste ich bereits vor dieser Arbeit, doch durch die vertiefte Auseinandersetzung merkte ich, wie gross und wichtig diese Thema heute eigentlich ist. Meine Haltung wurde durch diese Arbeit nochmal gefestigt und verstärkt. Ich wurde durch diese Arbeit zu einer Datenschutzaktivistin, konnte durch sie meine Stimme finden. Diese Arbeit ist meine Art, einen Teil zu diesem brisanten Thema beizusteuern. Ich möchte keine Antworten geben, denn auf dieses komplexe Thema gibt es keine allgemeingültige Antworten die eine Person alleine geben kann. Solange wir nicht in eine Zeit ohne Internet zurück wollen, müssen wir lernen, mit einem Kontrollverlust über unsere Daten umgehen zu können. Wir müssen entscheiden, wie wichtig Privatsphäre ist. Wir müssen uns die Frage stellen, wem diese wertvollen Daten gehören sollen. Und darauf müssen wir als Gesellschaft Antworten finden. Zu diesem Dialog möchte ich mit meiner Arbeit anregen.

Impressum & Recherche-Literatur

Impressum

Bachelorarbeit Marlen Büchi

Mentorat Praxis: Michael Flückiger und François Chalet
Mentorat Theorie: Ulrike Felsing
Sounddesign: Casanora, Sound Designer

HKB Hochschule der Künste Bern
Studiengang: Visuelle Kommunikation
2019

Recherche-Literatur

Die gesprochenen Sätze in der Installation wurden von mir frei erfunden. Dennoch beziehen sie sich sehr stark auf reale Tatsachen, Fakten und Geschehnisse. Unter anderem bezog ich mich auf folgende Quellen: